Christus (m/w/d)
Eine Geschlechtergeschichte
Zusammenfassung
Gott ist in Jesus Christus Mensch geworden. Aber warum als Mann? Anselm Schubert zeigt in seiner faszinierenden Darstellung, dass von der Antike bis zur Gegenwart immer auch andere – weibliche oder androgyne – Christusbilder wirkmächtig waren, und führt uns so ein unbekanntes, erstaunlich diverses Christentum vor Augen. In der Antike war vollkommenes Menschsein gleichbedeutend mit vollkommener Männlichkeit: Christus musste daher ein Mann sein – und keusch bis hin zur Asexualität. Im Mittelalter waren die Geschlechterordnungen weniger starr: Theologen diskutierten, ob Christus auch als Frau hätte Mensch werden können. Die Mystik feierte Christus als männlichen Bräutigam oder weibliche Inkarnation Gottes. Kabbalisten, Alchemisten und Prophetinnen der Frühen Neuzeit erhofften sich von einem androgynen Christus die Vollendung beider Geschlechter. Erst im 19. Jahrhundert rückte die Frage in den Vordergrund, wie man sich Jesus als „echten“, virilen Mann vorstellen kann. Gegen das betont männliche Bild vom Vater-Gott und seinem Sohn protestierte die feministische Theologie im 20. Jahrhundert mit einem weiblichen Christus. Queere Theolog:innen verkünden einen schwulen, bisexuellen, transsexuellen, intersexuellen oder polyamoren Jesus. Die selbstverständliche Männlichkeit Christi gilt als der letzte blinde Fleck der Christentumsgeschichte. Anselm Schubert bringt in seinem längst überfälligen, meisterhaft geschriebenen Buch Licht ins Dunkel der patriarchalisch geprägten Erzählungen.
Schlagworte
- 2–12 Titelei/Inhaltsverzeichnis 2–12
- 14–22 Einleitung 14–22
- 14–19 Geschlechterordnungen 14–19
- 20–22 Zwischen Geschlechtergeschichte und Theologie 16 – Der blinde Fleck 20–22
- 25–70 I Überwindung: Die eine Männlichkeit Christi in der Antike 25–70
- 25–30 1. Jesus von Nazareth 25–30
- Der historische Jesus
- Das Neue Testament
- 31–47 2. Geschlecht und Erlösung 31–47
- Medizinische und philosophische Modelle
- Das Geschlecht Gottes 35 – Adam und Eva
- Die Aufhebung der Weiblichkeit
- Die Überwindung der Geschlechtlichkeit
- Geschlecht und Identität: die westliche Tradition
- 48–70 3. Das Geschlecht Christi 48–70
- Irdischer Körper und menschliche Natur
- Die Keuschheit Jesu
- Christus als Bräutigam
- Warum wurde Christus Mann?
- Christus als Weisheit
- Der androgyne Christus
- Christus als geschlechtsloser Erlöser: Maximus Confessor
- Der letzte Neuplatoniker: Johannes Scotus Eriugena
- 73–134 II Leibhaftiges Heil: Die Zwei Identitäten Christi im Mittelalter 73–134
- 73–80 1. Gott und Geschlecht 73–80
- Mittelalterliche Geschlechtertheorien
- Gottes Ungeschlechtlichkeit
- Mystische Männlichkeit und trinitarische Weiblichkeit
- 81–103 2. Die Männlichkeit Christi 81–103
- Scholastische Debatten um die Männlichkeit Christi …
- … und um seine Weiblichkeit
- Der mystische Bräutigam
- Die Vorhaut Christi
- Die Sexualität Christi im Denken der Ketzer
- Perfiditas Judaeorum
- Fluchen und Lästern der Laien
- 104–128 3. Die Weiblichkeit Christi 104–128
- Ist die menschliche Natur Christi weiblich?
- Die Brüste Christi
- Die Seitenwunde als Uterus und Vagina
- Weiblicher Christus für männliche Leser: Heinrich Seuse
- Christus als Mutter: Juliana von Norwich
- Christus wird eine Frau: Guillelma von Mailand
- Eine Frau wird Christus: die heilige Wilgefortis
- 129–134 4. Funktionen der Inkarnation 129–134
- 137–202 III Verschweigen und Beschwören: Die Drei Geschlechter Christi in der Frühen Neuzeit 137–202
- 137–151 1. Reformation und Konfessionalismus 137–151
- Kritik der scholastischen Spekulation
- Luther, Zwingli und Calvin 138 – Distanzierung von der Vorhautreliquie
- Die Keuschheit Christi
- Die Schönheit Christi
- «Sexualität Christi in der Kunst der Renaissance»?
- 152–158 Die Männlichkeit Christi in der Querelle des Femmes 152–158
- Männlichkeit als Kondeszendenz: Padron und Agrippa
- Männlichkeit als Notwendigkeit: Valens Acidalius
- Männlichkeit als Konzession: Marie de Gournay
- 159–173 3. Weibliche Inkarnationen Christi 159–173
- Lebende Heilige
- Der zweifache Körper Christi: Guillaume Postel
- Die «Giesuta» von Forli und andere
- «Female Christ»: Ann Lee und die Shaker
- Die «Femme-Messieh» der Saint-Simonisten
- 174–197 4. Die Androgynität Christi 174–197
- Alchemistische Anfänge
- Das «Buch von der heiligen Dreifaltigkeit»
- Paracelsus und die androgyne Gottheit
- Christus als Gottesgemahlin: Johannes Campanus
- Valentin Weigels himmlische Eva
- Jakob Böhmes endzeitlicher Androgyn
- Die androgyne Braut: Gichtel und Arnold
- Der Hermaphrodit: Bourignon und Poiret
- Die Vermehrung Christi in den Wiedergeborenen
- Frühe Heteronormativität: Zinzendorf und die Herrnhute
- 198–202 5. Die Ausdifferenzierung der Geschlechter 198–202
- 205–262 IV Natur und Dekonstruktion: Die Vielen Männlichkeiten Jesu in der Moderne 205–262
- 205–213 1. Normative Männlichkeit Jesu 205–213
- Geschlechterpolarität
- Jesus als wahrer Mann
- 214–232 2. Diskussionen um den Verheirateten Jesus 214–232
- Aufklärerisch: Jesus als Essener
- Akademisch: Jesus als Witwer
- Religionskritisch: Jesus als Freigeist
- Der polygame Jesus und die Mormonen
- Zurück in die literarische Fiktion
- Theologische Anfragen zur Sexualität Jesu
- Der schwule Christus
- The «Gospel of Jesus’ Wife»
- 233–246 3. Die Nachkommen Jesu 233–246
- Erste Spuren in Frankreich
- Enthüllungsbücher und Verschwörungstheorien
- Das Indien-Narrativ
- Heilsgeschichte 243 – Übernatürliche Natürlichkeit
- 247–262 4. Die Dekonstruktion der Männlichkeit Jesu 247–262
- Der Mann Jesus in der feministischen Theologie
- Unerwartete Unterstützung: Karl Rahner
- Das weibliche Imaginäre: Luce Irigaray
- Performative Geschlechtsidentität: Judith Butler
- Queere Befreiungstheologie
- The multi-gendered Body
- Intersexueller Christus
- 263–274 Epilog: Geschlechtergeschichte und Heilsgeschichte 263–274
- 263–266 Männlichkeit als Normativität 263–266
- 267–269 Weiblichkeit: vom sozialen zum biologischen Geschlecht 267–269
- 270–271 Androgynität: der geteilte Christus 270–271
- 272–274 Geschlecht, Begehren, Christologie 272–274
- 277–396 Anhang 277–396
- 277–278 Dank 277–278
- 279–334 Anmerkungen 279–334
- 335–356 Quellen 335–356
- 357–388 Literatur 357–388
- 389–390 Bildnachweis 389–390
- 391–396 Namenregister 391–396
- 397–397 Zum Buch 397–397
- 398–398 Vita 398–398