Carl Schmitt
Aufstieg und Fall
Zusammenfassung
Reinhard Mehring hat 2009 die grundlegende Biografie Carl Schmitts vorgelegt, der bis heute neben Martin Heidegger und Max Weber der weltweit am meisten rezipierte deutsche Denker des 20. Jahrhunderts ist. Ein meisterhaftes Buch über eine geradezu Shakespeare’sche Gestalt im Zentrum der deutschen Katastrophe. Nun liegt das Werk in einer grundlegend überarbeiteten und aktualisierten Neuausgabe vor.
Ein "weißer Rabe" – so hat Carl Schmitt sich selbst gern wahrgenommen. Der neidbeladene junge Mann aus einfachen Verhältnissen bahnt sich dank seiner brillanten Fähigkeiten den Weg bis an die Spitze der deutschen Rechtswissenschaft – und wird doch nie heimisch im Establishment der Gelehrten und Geachteten. Während er in seinen Schriften den liberalen Rechtsstaat als Verfassungsfassade demontiert und die Legitimität der Diktatur auslotet, jagen ihn Dämonen: sein wilder Antisemitismus, eine selbstzerstörerische Sucht nach Sexualität, das tiefsitzende Ressentiment gegen die Selbstgefälligkeit jeder bürgerlichen Existenz. So ist er disponiert, als die Nationalsozialisten die Macht ergreifen. Er bricht mit seinen jüdischen Freunden, hält Adolf Hitler juristisch den Steigbügel und "verstrickt" sich tief. Doch schon 1936 kommt er durch Intrigen zu Fall. Nach dem Krieg lebt er zurückgezogen in seiner sauerländischen Heimat und wird zu einer diskreten Schlüsselfigur der intellektuellen Szene. Seine radikalen Theorien über Freund und Feind, Legalität und Legitimität, den Begriff des Politischen werden in alle wichtigen Weltsprachen übersetzt und von erzkatholischen Konservativen gleichermaßen intensiv gelesen wie von den kommunistischen Revolutionären der Dritten Welt.
- 2–12 Titelei/Inhaltsverzeichnis 2–12
- 13–16 Ein weißer Rabe. Das seltsame Leben des deutschen Staatslehrers Carl Schmitt 13–16
- 17–112 Erster Teil: Das «falsche Sichdünken ‹Ich bin›». Aufstieg im Wilhelminismus 17–112
- 1. Ein «obskurer junger Mann bescheidener Herkunft»
- Eifeler Herkunft der Eltern
- Schulzeit in Plettenberg und Attendorn
- Studienjahre in Berlin, München und Straßburg
- Der Mentor: Fritz van Calker (1864–1957)
- Der Freund: Fritz Eisler (1887–1914)
- Die «Schuld» am Anfang des Werkes
- 2. Das Recht der Praxis
- Als Referendar im Bezirk Düsseldorf
- Die Theorie der Praxis: «Gesetz und Urteil»
- Der Bruder als Mentor
- Kritische Versuche: der «Boden des normalen Menschenverstandes»
- 3. Dichterapotheose und Literatenschelte: der «unzeitgemäße» Dichter und das «Gemeingut der Gebildeten»
- Rückblickende Wahrnehmung eines Epochenwandels
- Von Richard Wagner zu Theodor Däubler (1876–1934)
- Religiöses Pathos und säkulare Dogmen
- 4. Am Vorabend des Weltkriegs: Staat, Kirche und Individuum als Orientierungsposten
- Die Tänzerin aus dem «Tingel-Tangel»: Carita (von) Dorotić (1883–1968)
- Die «Würde» des Einzelnen im «Dienst» am Recht
- 5. Düsseldorfer Leben im Ausnahmezustand
- Der «Geheimrat»: Hugo am Zehnhoff (1855–1930)
- Verlobung mit Schatten
- Cari in Plettenberg
- Kriegsausbruch und Freundestod
- Glückliche Zwischenlösungen
- Unzureichende Zwischenüberlegungen
- 6. Weltkrieg und Defaitismus: Carl Schmitt in München
- Carl Schmitt als Soldat
- Alltag im Generalkommando
- An der «Leine» der Ehe
- Jüdische Freunde und antisemitische Affekte
- Antwort mit Däubler
- Satirische Feindbeobachtungen
- 7. Straßburg, der Belagerungszustand und die katholische Entscheidung
- Das neue Thema
- Wieder in Straßburg: Belagerungszustand als Rechtsverhältnis
- Zwischen München und Straßburg
- Franz Blei (1871–1942) und die Beiträge in «Summa»
- 8. Politische Romantiker 1815/1919
- Romantische Subjektivität
- Kriegsende und Revolutionswirren: Machtergreifung der Romantiker
- Zur Gesamtlinie des Frühwerks
- 113–304 Zweiter Teil: Jenseits der Bürgerlichkeit. Weimarer Leben und Werk 113–304
- 1. Feste Stellung? Münchner Handelshochschule und Diktatur
- Bayern im Ausnahmezustand
- Feste Dozentur an der Münchner Handelshochschule
- «Da kommt das Erschießen fast vor dem Urteil»: «Die Diktatur»
- Abschied von München: die Erinnerungsgabe für Max Weber
- 2. Ein «treuer Zigeuner» in Greifswald
- Kurzes Gastspiel
- Kathleen Murray, Ernst Robert Curtius und die Greifswalder Promotion
- Die Novelle vom «treuen Zigeuner»
- 3. Ankunft in Bonn? Wendung zur katholischen Kirche
- Werde, der du bist!
- An der Bonner Universität
- Katholizismus als politisches Credo
- «Konkrete» Kirche ohne Vorbehalt?
- 4. Der Bonner Lehrer
- Übergang zu Duška
- Vom Parlamentarismus zum «nationalen Mythos»
- Inkubationsjahr 1924
- Vor der «Vereinigung»: «Die Diktatur des Reichspräsidenten»
- Hugo Balls «doch sehr schöner» «Hochland»-Essay
- Der Streit um «Die Folgen der Reformation»
- Das legendäre Seminar
- Ein schwieriger Schüler: Waldemar Gurian (1902–1954)
- «Was ist Theologie?» Erik Peterson (1890–1960)
- Stimmungswechsel
- 5. Vom Status quo zum demokratischen «Mythos»
- Maßstäbe des Rezensenten
- Rechtsprinzip gegen Genf: Legitimität der Homogenität?
- Vom «Unrecht der Fremdherrschaft» zum «Betrug der Anonymität»
- «Dummheit» und «Erlösung»: Duška und Magda
- Vom «Mythos» der unmittelbaren Demokratie
- 6. Bonner Ernte: Der Begriff des Politischen und die Verfassungslehre
- Sexus und System
- Kernsätze staatstheoretischer Grundlegung: «Der Begriff des Politischen» (1927)
- Flüchtige Skizze des «Systems»: der Gegensatz von Liberalismus und Demokratie in der «Verfassungslehre»
- Der vierfache Ansatz zur Dekonstruktion des «bürgerlichen Rechtsstaats»
- 7. Von «Eisscholle zu Eisscholle»: Signale im Berliner «Malstrom»
- Übergangszeiten
- Mit der Maske von Cortés
- Die Berliner Handelshochschule
- Feste Adresse? Lebensabriss bis zum Sommer 1929
- Erotischer Ausnahmezustand
- Neues Thema: «Hüter der Verfassung»
- Licht aus Italien? Die Demokratie aus ihrer «Verhüllung» retten
- Feuchtwangers Antwort
- Mit der Maske Bismarcks
- Der «Geist» der Technik und die «neue Elite»
- 8. Rekonstruktion des «starken» Staates
- Von der Verfassungslehre zur Staatslehre
- Eine neue Staatslehre nach Hugo Preuß
- Die «Pflicht zum Staat»
- Nach Duškas Rückkehr
- Der «Irrtum» als «Abhilfe»: der Reichspräsident als «Mittelpunkt»
- Vom klassischen Freiheitsrecht zur institutionellen Garantie?
- Abbruch der Theorieanstrengung?
- 9. In den publizistischen Kreisen der Weimarer Endzeit
- Der treue Adlatus: Ernst Rudolf Huber (1903–1990)
- Mobilisierung der «neuen Elite»
- «Der Begriff des Politischen» und das Spiel des Antichristen
- 10. Carl Schmitt als Akteur im Präsidialsystem
- Im Vorhof der Macht
- «Von der Legalität zur Legitimität»
- Preußenschlag und Notstandsplan
- Vor dem Staatsgerichtshof
- Nach dem Leipziger Urteil
- Letzte Chance der Weimarer Republik
- 305–442 Dritter Teil: Im Bauch des Leviathan. Nationalsozialistisches Engagement und Enttäuschung 305–442
- 1. Nach dem 30. Januar 1933
- Gegen einen Mythos nur einen anderen?
- Topik der Entscheidungsgründe für den Nationalsozialismus
- Umbrüche im Nahfeld
- Wege und Antworten der Opfer
- 2. Der aufhaltsame Aufstieg zum «Kronjuristen»
- Rache für Leipzig
- Nullpunkt und erstes Engagement
- Hans Frank (1900–1946) und die «Akademie für Deutsches Recht»
- Sommer 1933: «Und dann kam also der Mann da»
- Zenit Juristentag
- Erste Auseinandersetzungen um Carl Schmitts Nationalsozialismus
- 3. Das «Jahr des Aufbaus»? Anfang und Ende juristisch-institutioneller Sinnstiftung
- Sinnstiftungsschriften
- Abschied vom Völkerrecht?
- Der «unmittelbar gerechte Staat» Adolf Hitlers und der 30. Juni 1934
- Das Fähnlein der letzten Getreuen
- 4. Die antisemitische Sinngebung
- Rechtstheoretische Neuansätze
- Dunkle Jahre und nationalsozialistische Schüler
- Sinngebung mit Richard Wagner: «Das Judentum in der Rechtswissenschaft»
- Sturz in der Ämterhierarchie
- 5. Kehre mit Hobbes? Sinn und Fehlschlag des Engagements
- 6. Recht zur Macht? Großraumordnung als Reichsbildung
- Friedensfiktion und politischer Friede
- Rekonstruktion des «Reiches»?
- 7. Der Kapitän als Geisel? Carl Schmitts Abschied vom «Reich»
- Wieder Professor
- Die Lage des «Rechtswahrers» bei Kriegsbeginn
- Der «Symbolismus der Situation»: die Benito Cereno-Identifikation
- «Solange der Weinkeller nicht leer ist»: Leben im Krieg
- Verfassungsgeschichtliche Rückschau: die «Fragwürdigkeit der totalen Verstaatlichung»
- 8. Letzte Schriften im Nationalsozialismus
- Literarische Inszenierung des Abgangs
- Aufstieg und Fall eines Reiches
- Verzögerte Ernte: Endgeschichte des Völkerrechts?
- «Unglücksfigur» im Nationalsozialismus?
- 443–584 Vierter Teil: «Einer bleibt übrig». Langsamer Rückzug nach 1945 443–584
- 1. Haft und «Asyl»
- Nach dem Sturm
- Verbrechen und Verantwortlichkeiten
- Im Camp
- «Briefe aus der Haft»: der «authentische Fall eines christlichen Epimetheus»
- «Ich bin hier als was?» Rückkehr und neuerliche Verhaftung
- «Ich wusste Einiges von den legalen, paralegalen und illegalen Machtmitteln»: Nürnberger Stellungnahmen
- Plettenberger «Asyl»
- Das «kleine Einmaleins» der Nachkriegslage
- «Gevierteilt und zertreten, aber nicht vernichtet»: Rückschau im «Glossarium»
- Schmitts Hitler-Bild nach 1945
- 2. Von Benito Cereno zu Hamlet: «Comeback» des Intellektuellen?
- Vernetzungen nach 1949
- Die «Verdunklung der letzten Jahre»: Streit mit Jünger und Tod der Frau
- Pater Eberhard Welty und «Die neue Ordnung»
- Serge Maiwald und die «Universitas»
- «Carl Schmitt Nein und Ja»: Publikationsoffensive im Greven-Verlag
- «Der dunkle Sinn unserer Geschichte»: Christliches Geschichtsbild?
- «Ein starker Geist luziferischer Art»: Auseinandersetzungen um das Comeback
- Das Vernichtungssystem «wenigstens nachträglich ganz realisieren»: Entfremdung von Huber
- Nach Duškas Tod: «großartige Aufnahme» und «niederträchtige Verfolgung»
- «Dass Sie nicht mehr sprechen wollen, kann ich gut verstehen»: Querelen um Vorträge
- «Einheit der Welt» oder Nachkriegsnomos?
- Bibliotheksfragen
- Pressekontakte: «Da werden Gräfinnen zu Hyänen»
- «Der Mann, der den Walfisch fing»: Zenit des 65. Geburtstags
- «Hör-Denkspiele» im Rundfunk
- Das «Missverhältnis von Denken und Tun»: Carl Schmitt als Hamlet
- 3. Plettenberger Privatissimum. Neue Wirkungen auf bundesrepublikanische Schüler
- Ankunft in der Bundesrepublik?
- Anima heiratet nach Spanien
- «Von Ihnen lebt eine Generation.» Die Schüler der 50er Jahre
- Münster und Ebrach
- Zum 70. Geburtstag: ein «neuer Typus von Buch»
- Der Karlsruher «Gummibaum»: «Die Tyrannei der Werte»
- 4. Partisan im Gespräch
- Kategorienwechsel nach 1945?
- Alter Partisan: Logik der Verurteilung und Legitimität des Widerstands
- Böckenförde als Lektor des Spätwerks
- Abschlussdenken mit Hobbes und Hegel
- Ebracher Gabe
- 80. Geburtstag
- «Der erste, originale N. P. bin ich»: Folgen von 1968
- Promotion der Sekundärliteratur
- 5. Achtzig verweht: Rückblick auf alte Fragen
- Die «Pseudo-Religion der absoluten Humanität»: Werkabschluss «Politische Theologie II»
- Weimarer Legenden: Hugo Ball und Walter Benjamin
- Streit der Schmittisten
- Letzte Station Plettenberg-Pasel
- Auf Augenhöhe mit Hans Blumenberg
- Schmerzenskind «legale Weltrevolution»
- Im Labyrinth des Nachlasses: Schmitts letztes Werk
- «Ad multos annos!» Das Finale des 90. Geburtstags
- «Kostbare Tage» mit Jacob Taubes
- Letzte Verfügungen
- 585–731 Anhang 585–731
- Nachwort zur 2. Auflage von 2022
- Abkürzungen und Bibliographie
- Anmerkungen
- Bildnachweis
- Personenverzeichnis
- Leitmotivische Begriffe
- 732–732 Zum Buch 732–732
- 732–732 Über den Autor 732–732