Der gedichtete Himmel
Eine Geschichte der Romantik
Zusammenfassung
Mit der Aufklärung, mit der intellektuellen Mündigkeit gegenüber traditionellen Glaubenslehren kam zugleich die Nostalgie: die Trauer über den Verlust an Ganzheitlichkeit im Denken und Leben. Die Romantik schaffte hier Abhilfe, ohne rückwärts zu gehen: Sie erschuf einen neuen Himmel, der keiner metaphysischen Absicherung bedarf. Der Literaturwissenschaftler Stefan Matuschek blickt in seinem beeindruckenden Epochenporträt weit über Deutschland hinaus, nach England und Schottland, nach Italien und Frankreich, und schildert die Romantik als großen Impuls der Moderne, der bis in die Gegenwart hineinwirkt.
Die Romantik ist die Kunst, metaphysische Luftschlösser zu bauen. Sie weiß, dass ihr Himmel, wo immer sie ihn errichtet, nur ein erdichteter ist, und findet in ihm dennoch Zuflucht von der metaphysischen Obdachlosigkeit des modernen Menschen. Aus dieser Perspektive erschließt Stefan Matuschek in seiner brillanten Darstellung der Epoche die Neuerungen, die mit der Romantik in die Welt kamen: von der blauen Blume bis zur Kunstreligion, von der romantischen Ironie bis zur Schauerromantik, von der Renaissance des Mittelalters bis zur Utopie der Volkstümlichkeit. Dabei war die Romantik keineswegs nur eine deutsche Angelegenheit. Stefan Matuschek stellt uns ihre europäische Vielfalt vor Augen. In seinem weit gespannten Panorama begegnen wir Literaten wie den Schlegel-Brüdern, Goethe und Eichendorff, Keats und Shelley, Victor Hugo und Alessandro Manzoni, außerdem Philosophen, Malern und Komponisten der Zeit. Überall reagierten die Romantiker auf drei Großereignisse der Epoche: die Französische Revolution, die Revolution der Lesekultur und die Nationalisierung in der Folge von Napoleons Imperialismus. In diesem Kontext legt Stefan Matuschek eine neue Gesamtschau der Romantik vor, die deren Träume als hellsichtiger erweist, als sie oft erscheinen.
- 2–8 Titelei/Inhaltsverzeichnis 2–8
- 9–49 1. Nicht nur die Aufklärung: Der zweite Impuls der europäischen Moderne 9–49
- 9–30 a) Romantik als Fortschritt 9–30
- Eichendorffs Mondnacht
- Schleiermachers Reden Über die Religion
- Unruhige Zeiten
- 30–49 b) Beginn der europäischen Moderne um 1800 30–49
- Friedrich Schlegels «Unverständlichkeit»
- Gegen den ‹common sense›
- Europäischer Kontext
- 49–123 2. Romantik als europäisches Phänomen 49–123
- 49–67 a) Die Vielfalt der Romantik in Europa 49–67
- Schlüsselfiguren: Madame de Staël und August Wilhelm Schlegel
- Schlegels Romantikbegriff
- Urtypen des Romantikers: Hamlet und Don Quijote
- Nationale Unterschiede
- 67–86 b) Das Phänomen Romantik 67–86
- Die blaue Blume
- Leopardis L’infinito
- Verschiedene Romantikbegriffe
- Klassizistische Romantik
- Coleridge
- 86–104 c) Literarischer Stil und existenzieller Ernst: Weltschmerz 86–104
- ‹Le mal du siècle›: Chateaubriand und Lord Byron
- Vorläufer: Rousseaus Spaziergänger und Goethes Werther
- Senancour, Obermann
- Nachtwachen
- 104–123 d) Deutsche Klassik als Teil der europäischen Romantik 104–123
- Schillers romantische Tragödie
- Goethe und die Romantiker
- Faust
- 123–205 3. Revolutionen: Die Französische und die romantischen 123–205
- 123–145 a) Romantik als Revolutionsreaktion 123–145
- Die ‹Neue Welt› und die ‹Neue Mythologie›
- Politische und philosophische Revolution
- Politische Neuigkeiten und Enttäuschungen in Deutschland
- Hölderlins Hyperion
- 145–163 b) Subjektivierung und Ästhetisierung der Religion 145–163
- Ästhetischer Katholizismus: Novalis und Chateaubriand
- Kunstbetrachtung als Andacht
- Kunstreligion
- 163–183 c) Mythos als Zukunftsprojekt 163–183
- Der aufgeklärte Mythosbegriff
- Neue Mythenbildner: Blake, Shelley, Hölderlin
- Shelleys Entfesselter Prometheus
- Hölderlins Brot und Wein
- 183–205 d) Strategien der Offenheit 183–205
- «Progressive Universalpoesie»
- Ästhetik des Hässlichen und Grotesken
- Die modernen Begriffe von Literatur und Kunst
- Romantische Ironie
- 205–273 4. Lesewelten: Die Modernisierung der Literatur 205–273
- 205–216 a) Die moderne Situation der Literatur 205–216
- Aufstieg des Romans
- Literaturkritik
- 216–234 b) Das Fantastische 216–234
- E. T. A. Hoffmanns Der Sandmann
- Nachtstücke, Gespenster-Hoffmann
- Goethes und Keats' Vampire
- 234–252 c) Märchen für Erwachsene und Kinder 234–252
- Von der Erwachsenen- zur Kinderliteratur: Grimms Märchen
- Gegenwartsorientiert: Aufgeklärte und romantische Märchen
- Tiecks Blonder Eckbert
- Hoffmanns Goldener Topf
- Fouqués Undine
- 252–273 d) Schauerromantik 252–273
- Matthew Lewis, The Monk
- ‹Gothic›
- Hoffmanns Elixiere des Teufels
- Frankenstein
- 273–351 5. Nationalisierung: Politik, Wissenschaft und Populrkultur 273–351
- 273–285 a) Napoleons Ende und der Anfang der Nationalliteratur 273–285
- Nationalliteratur als Irrtum und Gewohnheit
- Ein Brennpunkt romantischer Tendenzen
- Fichtes Reden und Foscolos Roman
- 285–306 b) ‹Rückwärts gekehrte Propheten›: Der Idealismus der Historiker 285–306
- Renaissance des Mittelalters
- Neue Gotik
- Kathedralen als Nationaldenkmäler: Der Kölner Dom und Notre-Dame de Paris
- Rekonstruktion und Idealisierung
- Germanistik
- Dante als literarische Größenordnung
- 306–329 c) Volk und Volkstümlichkeit 306–329
- Volkstümlichkeit als Utopie
- Nationale Unterschiede: Wordsworth, Berchet, Hugo, Arnim
- Volkstum: ‹Turnvater› Jahn
- Nationalgeschichtlich-patriotisches Theater: Kleist und Manzoni
- Goethes Manzoni
- 329–351 d) Die Erfindung der germanischen Mythologie 329–351
- Jacob Grimms Deutsche Mythologie
- Propaganda, Selbstkritik und nationale Verengung
- Ossian als nordischer Homer
- Germanen auf der Bühne: Fouqués Dramen
- Kippfiguren und versteinerte Mythen
- 351–369 6. Romantik als Epoche, Romantik als Modell 351–369
- 351–358 Transzendenz in der modernen Lyrik: Baudelaire und Rilke 351–358
- 358–364 Extreme und beiläufige Romantik: Surrealismus und Der Fänger im Roggen 358–364
- 364–369 Doppelte Romantik: Ideologie und literarische Technik bei Wolfgang Hilbig 364–369
- 369–375 7. Das selbstgemachte Jenseits 369–375
- 375–401 Anhang 375–401
- 375–393 Anmerkungen 375–393
- 393–395 Bildnachweis 393–395
- 395–401 Personenregister 395–401
- 401–401 Zum Buch 401–401