Der Unfehlbare
Pius IX. und die Erfindung des Katholizismus im 19. Jahrhundert
Zusammenfassung
Alles sprach dagegen, dass aus dem kleinen Giovanni Maria Mastai Ferretti (1792 - 1878) etwas wird. Hubert Wolf schildert den erstaunlichen Weg des kränkelnden jungen Adligen aus der Provinz zum mächtigsten und am längsten amtierenden Papst der Geschichte (1846 - 1878), der den Katholizismus neu erfand. Das fesselnd und anschaulich geschriebene Buch ist eine kalte Dusche für alle, die im Papst den Repräsentanten uralter Traditionen sehen.
Nach der Französischen Revolution lag das prächtige, aber jahrhundertelang krumm und schief gewachsene Gebäude des Katholizismus in Trümmern und musste neu errichtet werden. Doch in welchem Stil? Romantisch-mittelalterlich? Oder zeitgemäß-modern? Während die einen noch stritten, bauten die anderen schon neu: Hubert Wolf beschreibt, wie der Katholizismus im Namen erfundener Traditionen ganz auf Rom ausgerichtet wurde. Mit Pius IX. wurde 1846 der richtige Papst für dieses Programm gewählt: Im Bewusstsein eigener Machtvollkommenheit verkündete er das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens, schottete die Kirche mit dem «Syllabus errorum» von Demokratie und Moderne ab und ließ sich auf dem Ersten Vatikanischen Konzil für unfehlbar erklären. Traditionalistischen Kritikern beschied er kühl: «La tradizione sono io», die Tradition bin ich! Als kurz darauf der Kirchenstaat endgültig verloren ging, konnte das die weltweite Verehrung des «Gefangenen im Vatikan» nur noch steigern. Das Buch macht eindrucksvoll deutlich, wie seither alles mit dem Papst steht - und mit ihm fällt.
- 1–10 Titelei/Inhaltsverzeichnis 1–10
- 11–14 PROLOG: La tradizione sono io 11–14
- 15–46 ERSTES KAPITEL: Generalangriff auf die Tradition. Die Verwirrungen des jungen Gianmaria (1792–1814) 15–46
- Paris, Jahr 1 der Republik: Beginn einer neuen Zeitrechnung
- Senigallia, 1792 nach Christi Geburt: Alles bleibt beim Alten
- Paris, 1789 bis 1796: Kirche und Revolution
- Senigallia, 1797: Zwei Welten begegnen sich
- Paris, 1799 bis 1806: Napoleon und das Mysterium der sozialen Ordnung
- Senigallia, 1799 bis 1814: Alles gerät aus dem Lot
- 47–86 ZWEITES KAPITEL: Neue Ordnung in alten Bahnen. Vom untauglichen Grafen zum begnadeten Bischof (1815–1840) 47–86
- Napoleon, Giovanni Maria Mastai Ferretti und ihr Papst
- Säkularisation und Säkularisationen
- Entscheidung vertagt: Der Wiener Kongress 1815
- Entscheidung vertagt: Mastai in Rom 1815
- Entscheidung getroffen: Die Wiederherstellung des Kirchenstaats
- Entscheidung getroffen: Mastai in Rom 1816
- Mission erfüllt: Kirche und Staat in Deutschland
- Mission gescheitert: Als Gesandtschaftssekretär in Chile
- Bischöfe in Deutschland werden gewählt …
- … und ein Bischof in Rom ernannt
- Die Julirevolution und Roms Kampf gegen die Gottlosen
- Mastais Revolutionspolitik zwischen Spoleto und Imola
- 87–118 DRITTES KAPITEL: Rom oder nicht Rom. Auf der Suche nach dem rettenden Ufer 87–118
- Das Leichenbegängnis der als tot ausgerufenen Kirche
- Ein Katholizismus oder viele Katholizismen?
- Zentripetale und zentrifugale Kräfte
- Austreten oder katholisch bleiben – aber wie?
- Erste Option: Restauration
- Zweite Option: Romantik
- Dritte Option: Aufklärung
- Vierte Option: Staatskirchentum
- Fünfte Option: Ultramontanismus
- … und Giovanni Maria Mastai Ferretti?
- 119–152 VIERTES KAPITEL: Bischof, Messe, Priesterseminar. Die Erfindung der Tradition von Trient 119–152
- Die Katze kommt aus dem Sack
- Das «tridentinische» Seminar wird erfunden
- Dekrete des Konzils von Trient zum Ersten
- Mastai, Fehlanzeige
- Der «tridentinische» Bischof wird erfunden
- Dekrete des Konzils von Trient zum Zweiten
- Mastai, der Sache nach
- Die «tridentinische» Messe wird erfunden
- Der «tridentinische» Einheitskatholizismus
- Mastai, zwischen römischem Sein und Schein
- 153–186 FÜNFTES KAPITEL: Der liberale Papst. Geschichte eines Missverständnisses (1846–1858) 153–186
- Zelanti und Politicanti: Die Papstwahlen nach der Französischen Revolution
- In nur vier Wahlgängen zur Zweidrittelmehrheit
- Der Beginn einer neuen Ära?
- Die Stunde der Wahrheit
- Flucht vor der Revolution
- Ein Kampf um Rom
- Der liberale Papst: Ein Mythos wird gemacht
- Der reaktionäre Papst: Der Fall Mortara und der Gegenmythos
- 187–218 SECHSTES KAPITEL: Das Übernatürliche, hier wird’s Ereignis. Das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens (1854) 187–218
- Erster Akt: Der 8. Dezember 1854
- Gianmaria und die Gottesmutter Maria
- Unbefleckt empfangen, theologisch umstritten
- Ein Jesuit macht den Weg frei
- Arbeit am Dogma
- Die Unbefleckte wird sich erkenntlich zeigen
- Ein Dogma macht Geschichte
- Lourdes und anderswo: Schützenhilfe aus dem Himmel
- 219–256 SIEBTES KAPITEL: Fels in der Brandung. Das ordentliche Lehramt des Papstes und die pesthaften Irrtümer der Zeit (1858–1864) 219–256
- Eine unglaubliche Anklage
- Überirdische Vorgänge in einem römischen Kloster
- Als Häretiker verurteilt, vom Papst gebraucht
- Die Erfindung des ordentlichen Lehramts
- Abrechnung mit alten Feinden
- Zweiter Akt: Der 8. Dezember 1864
- Voll größter Sorge: Klagelied über die moderne Zeit
- Achtzig Sätze: Die Irrtümer unserer Zeit
- Ein Weltereignis von nicht zu berechnender Bedeutung
- 257–304 ACHTES KAPITEL: Der Herr des Konzils. Unfehlbarkeit, Gefangenschaft, Tod (1869–1878) 257–304
- Blitz und Donner über Sankt Peter
- Auf dem Weg zum Konzil
- Die Unfehlbarkeit kommt auf die Tagesordnung
- Dritter Akt: Der 8. Dezember 1869
- Wie wird entschieden? Die Geschäftsordnungen
- Vom Sinn und Unsinn eines Dogmas
- Argumente aus der Heiligen Schrift
- Argumente aus der Tradition zum Ersten: Der fehlbare Papst
- Argumente aus der Tradition zum Zweiten: Das Konzil von Konstanz
- Argumente aus der Tradition zum Dritten: Der Konsens der Bischöfe
- Auf der Überholspur zur Unfehlbarkeit
- Ein neues Dogma
- Eine überraschend unumstrittene Dogmatische Konstitution: Dei filius
- Unfehlbar gefangen
- Einheit statt Vielfalt im Kirchenrecht
- Kein Recht auf einen eigenen Tod
- 305–330 NEUNTES KAPITEL: Che bello Papa! Die Erfindung der charismatischen Papstherrschaft 305–330
- Das Seligsprechungsverfahren für Pius IX
- Beatologie oder Pathologie?
- Der Anwalt des Teufels und der Anwalt Gottes
- Tradition, Amt, Charisma: Drei Herrschaftstypen
- Der Papst auf dem Altar: Die Christificatio Pius’ IX
- 331–332 EPILOG 331–332
- Man hat in Rom eine neue Kirche gemacht
- 333–334 Anhang 333–334
- 335–336 Dank 335–336
- 337–341 Zeittafel zum Leben von Pius IX 337–341
- 342–342 Karte 342–342
- 343–400 Anmerkungen 343–400
- 401–424 Literatur 401–424
- 425–431 Personenregister 425–431
- 432–432 Bildnachweis 432–432
- 433–433 Zum Buch 433–433