Wilhelm II.
Der Aufbau der Persönlichen Monarchie 1888-1900
Zusammenfassung
Mit der Thronbesteigung Wilhelms II. im Juni 1888 beginnt die für Deutschland unheilvolle Phase der Persönlichen Monarchie. Weitgehend ungetrübt von Sachkenntnis in diplomatischen Gepflogenheiten und von Nachdenklichkeit unangekränkelt, poltert der junge deutsche Kaiser über das sensible Feld der Außenpolitik. Ungeschicklichkeit im Umgang mit dem russischen Zaren und Grobheit gegenüber dem englischen Königshaus kennzeichnen die Anfänge des herrscherlichen Dilettantismus. So gering die Kompetenz, so groß war das Selbstbewußtsein des neuen Imperator Rex, der sich von Gott zur Herrschaft berufen glaubte und daher auch den Anspruch auf unbedingten Gehorsam seiner Minister, Generäle und Beamten vertrat. Die Folge dieser Haltung war der baldige Schwund von sachkundigen Ratgebern und starken Persönlichkeiten in der Reichsleitung. Unverkennbares Symptom dieser politisch-moralischen Führungskrise war der von Wilhelm II. provozierte Rücktritt Bismarcks – eine Schwächung, von der sich das Kaiserreich nie mehr erholen sollte. Von diesem Zeitpunkt an war das Rückgrat des Widerstands gegen Wilhelms Autokratismus gebrochen, der zumindest die schlimmsten Auswüchse hätte verhindern können. Fortan betrieb der Kaiser unbeirrt seine wankelmütige Geheimdiplomatie und seine Flottenbaupolitik, deren Bewegungsgesetz letztendlich der herrscherliche Narzißmus war. Der Sturz Bismarcks und die Unberechenbarkeit des Kaisers waren gleichermaßen wenig geeignet, das bei den anderen europäischen Mächten wachsende Mißtrauen gegenüber dem jungen Herrscher zu zerstreuen. Und exakt jene Charakterzüge, die seine Politik prägten, spiegelte auch die unduldsame und autoritäre Haltung Wilhelms gegenüber den Mitgliedern der eigenen Familie. Er stellte den kaiserlichen Machtanspruch über das Wohl seiner Mutter und über das Glück seiner Schwestern. So ließen Gefühlskälte, Großmannssucht und Allmachtsstreben des deutschen Kaisers weder seine Familie noch der Welt viel Gutes von ihm erwarten.
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- 1–13 Titelei/Inhaltsverzeichnis 1–13
- 14–19 Vorwort 14–19
- 20–47 Kapitel 1 Die Thronbesteigung 20–47
- 1. Statt einer Krönung
- 2. Die Charismatisierung des Kaisertums
- 3. Die Kosten des Kaisergedankens
- 4. Das «Wilhelminische Zeitalter» beginnt
- 48–71 Kapitel 2 Antrittsbesuche 48–71
- 1. Die Reise an den Peterhof
- 2. Der Antrittsbesuch bei den skandinavischen Höfen
- 3. Die Reise an die deutschen Königshöfe, nach Wien und nach Rom
- 4. Bedenkliche Reiselust
- 72–95 Kapitel 3 Der Kaiser und seine Mutter 72–95
- 1. Kaiserin Friedrich und Kaiser Wilhelm II.
- 2. Der «Kreuzzug» gegen die Kronprinzenpartei
- 3. Von Potsdam nach Kronberg
- 4. Der Nachlaß Kaiser Friedrichs III.
- 5. Kaiser Friedrichs Kriegstagebuch
- 6. Der Abbruch der Beziehung zwischen Mutter und Sohn
- 7. Der Einfluß der Queen Victoria
- 96–134 Kapitel 4 Ominöser Familienzwist: Das spannungsgeladene Verhältnis zu den englischen Verwandten 96–134
- 1. Die Frankfurter Rede des Kaisers
- 2. Der Wiener Zwischenfall
- 3. Die Rolle der Bismarcks und des Kaisers Franz Joseph
- 4. Nachwirkungen des Wiener Zwischenfalls
- 5. Die Admiralsuniform
- 6. Der Englandbesuch des Kaisers
- 135–167 Kapitel 5 Der junge Kaiser: Eine Skizze nach der Natur gezeichnet 135–167
- 1. Der Kaiser und die Staatsgeschäfte
- 2. Der Kaiser und das «monarchische Prinzip»
- 3. Der Kaiser und die deutsche Gesellschaft
- 168–189 Kapitel 6 Außenpolitische Anfänge 168–189
- 1. Der «bevorstehende Kampf mit Frankreich und Rußland»
- 2. Kaiser Wilhelm II. und Österreich-Ungarn
- 3. England, Amerika und die Kolonialpolitik
- 4. Die «Marinepassion» des Kaisers
- 190–210 Kapitel 7 Die Säulen der kaiserlichen Macht 190–210
- 1. Das Ministerium des Königlichen Hauses
- 2. Das «Militärische Gefolge»
- 3. Liebenau und das Oberhofmarschallamt
- 4. Die neuen Kabinettschefs
- 5. Das neue Marinekabinett
- 6. Generalstab und Kriegsministerium
- 7. «Die Umgebung des jungen Herrschers»
- 211–236 Kapitel 8 Die Bismarckherrschaft und ihre Gegner 211–236
- 1. Der Kaiser und die Bismarcks
- 2. Philipp Eulenburg, «der beste Freund des Kaisers»
- 3. Miss Love: Das Ende der Affäre
- 237–265 Kapitel 9 Der Beginn der Kanzlerkrise 237–265
- 1. Waldersee als Vertrauensmann des Kaisers
- 2. Erste Konflikte
- 3. Der «entscheidende Wendepunkt»
- 4. Der Konflikt Bismarck-Waldersee
- 5. Die Rußlandpolitik und der Besuch des Zaren Alexander
- 6. Waldersee fällt in Ungnade
- 266–296 Kapitel 10 Kaiser, Kanzler und Kartell 266–296
- 1. Der «Kartellkaiser»
- 2. Der Kanzler und das katholische Deutschland
- 3. Kaiserliche Erklärungen für das Kartell
- 4. Der Kreis der Bismarckgegner
- 5. Das Kesseltreiben gegen die Bismarckianer am Hofe
- 297–312 Kapitel 11 Verfassungs- und sozialpolitische Konflikte 297–312
- 1. Bismarcks Staatsstreichgedanken
- 2. Wilhelms Arbeiterschutzpläne
- 3. Konflikt im Kronrat
- 4. Übergang zu einem neuen System
- 313–348 Kapitel 12 Das Ende der Bismarckherrschaft 313–348
- 1. Die Taktik des Reichskanzlers
- 2. Der Entscheidung entgegen
- 3. Der «vollständige Sieg der Kaiserlichen Sache»
- 4. Wiederkehr der Staatsstreichgedanken
- 5. Die letzten Tage der Bismarckherrschaft
- 6. «Der große Krach»
- 7. Die Entlassungskrise als Machtkampf zwischen Kaiser und Kanzler
- 349–379 Kapitel 13 Der improvisierte Übergang: Von den Bismarcks zum Neuen Kurs 349–379
- 1. Nachspiel der Bismarckkrise: «Welch ein Dolchstoß für mein Herz!»
- 2. Der neue Reichskanzler
- 3. Der neue Staatssekretär des Auswärtigen Amts
- 4. Die neuen Minister und Staatssekretäre
- 5. Liebenaus Ende
- 380–419 Kapitel 14 In Bismarcks Fußstapfen: Die Außenpolitik des Neuen Kurses 380–419
- 1. Die Nichterneuerung des russischen Geheimvertrages
- 2. Der Kaiser und die Außenpolitik des Neuen Kurses
- 3. Kolonial- und flottenpolitische Anfänge
- 4. Der Englandbesuch vom Juli 1891
- 5. Wilhelm und die russisch-französische Annäherung
- 6. Des Kaisers Leitmotiv: «eine Art Napoleonische Suprematie» in Europa ?
- 420–462 Kapitel 15 Der Dualismus der Macht 420–462
- 1. Der Kaiser und die «verantwortliche Regierung»
- 2. Die erste Kanzlerkrise des Neuen Kurses
- 3. Der Kaiser und die Innenpolitik
- 4. Hinzpeter redivivus
- 463–490 Kapitel 16 Der Sturz der Hofgeneräle 463–490
- 1. Waldersees «Niedergang»
- 2. Versetzung als «Vizekönig» nach Stuttgart?
- 3. Das fatale Kaisermanöver an der Neiße
- 4. Waldersees Entlassung
- 5. Die Versetzung des Grafen von Wedel ins Auswärtige Amt
- 6. Der Abgang des Generaladjutanten Adolf von Wittich
- 491–533 Kapitel 17 Kaiser und Regierung nach der Schulgesetzkrise 491–533
- 1. Die Volksschulgesetzkrise in Preußen
- 2. Die Folgen der Ämtertrennung
- 3. Der Kampf um die große Armeevorlage
- 4. Der Kaiser und die Konservativen
- 534–566 Kapitel 18 Dynastische Diplomatie 534–566
- 1. Wilhelm II. zwischen Rußland und England
- 2. Die russische Hungersnot
- 3. Wilhelms Werben um die englische Freundschaft
- 4. Das «Lechzen nach Uniformen»
- 5. Die polnische Frage und der russische Handelsvertrag
- 6. Wilhelm II. und Frankreich
- 567–606 Kapitel 19 Das böse Erwachen 567–606
- 1. Das Klagelied der Kaiserin Friedrich
- 2. Kritik in der Königsfamilie und der Hofgesellschaft
- 3. Das böse Erwachen des Grafen von Waldersee
- 4. Bestürzung in der Wilhelmstraße
- 607–648 Kapitel 20 Der vorausgeahnte Untergang: Wilhelm II. und die «Öffentliche Seele» Deutschlands 607–648
- 1. «Es können böse Tage kommen»
- 2. Die «Öffentliche Seele» und der Kaiser
- 3. Der Vertrauensverlust bei den «staatserhaltenden» Parteien
- 4. Der Mißmut in der Armee
- 5. Von der «grenzenlosen Liebe» zum «besten aller Könige»
- 649–691 Kapitel 21 Caprivis Entlassung 649–691
- 1. Der Kaiser und sein Reichskanzler
- 2. Die «Versöhnung» mit Bismarck
- 3. Die Angriffe des Kladderadatsch
- 4. Die Wiederaufnahme der Staatsstreichpläne
- 5. Der Sturz Caprivis und Botho Eulenburgs
- 692–754 Kapitel 22 Familienoberhaupt 692–754
- 1. Die regierende Kaiserin
- 2. Prinz und Prinzessin Heinrich
- 3. Die Schwestern des Kaisers
- 4· Der «Herzog-Rammler» Ernst Günther von Schleswig-Holstein
- 5. Skandal in Schloß Glienicke
- 6. Aribert und Louise von Anhalt
- 7. Die Kotze-Affäre
- 755–778 Kapitel 23 Der Kaiser und der «Neueste Kurs» 755–778
- 1. Die Ernennung «Onkel Chlodwigs» zum Reichskanzler und Ministerpräsidenten
- 2. Die neuen Minister
- 3. Der Kaiser und die Regierung Hohenlohe
- 4. Die Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals im Juni 1895
- 779–812 Kapitel 24 Innenpolitische Aggressionen 779–812
- 1. Der Volksfeind: Kaiser Wilhelm II. gegen Parlament und Nation
- 2. Minister- und Kanzlerkrisen
- 813–850 Kapitel 25 Weltpolitische Alleingänge 813–850
- 1. Der Kaiser und die Außenpolitik des Neuesten Kurses
- 2. Wilhelm II. und die skandinavische Krise
- 3. Der Kaiser und der Krieg in Ostasien
- 4. Die mißglückte Buhlerei um die Freundschaft Rußlands
- 5. Der Balkan und ein Blankoscheck für Österreich
- 851–886 Kapitel 26 England und das Gespenst der Einkreisung 851–886
- 1. Der Kaiser und England
- 2. Britische Beleidigungen
- 3. Die Ziele der deutschen Kolonialpolitik
- 4. Der Malet-Zwischenfall
- 5. Die Krüger-Depesche
- 6. Die Reaktionen auf das Kaisertelegramm
- 7. Der Kaiser und England nach der Krüger-Depesche
- 887–933 Kapitel 27 Endspiel: Der Durchbruch zur unumschränkten Entscheidungsgewalt 887–933
- 1. Ein Zustand hochgradiger Erregung
- 2. Die Bronsart-Krise und das Bolstein-Komplott
- 3. Konfrontation in Prökelwitz
- 4. Die Umgestaltung der Regierung von oben
- 5. Der Entscheidungskampf
- 6. Der Reichskanzler als «Strohpuppe» des Kaisers
- 934–982 Kapitel 28 Persönliche Monarchie: Wilhelm II. auf dem Höhepunkt der Macht 934–982
- 1. Das Gesicht des Persönlichen Regiments
- 2. Der Kaiser und die Staatsstreichpläne Waldersees
- 3. Der Kult um «Kaiser Wilhelm den Großen»
- 4. Die «große Komödie» um Bismarcks Tod
- 5. Der Kaiser als «sein eigener Reichskanzler»
- 6. Zweierlei Herausforderung: Zuchthausvorlage und Kanalrebellion
- 983–1025 Kapitel 29 Der Kaiser und die Kunst 983–1025
- 1. Wilhelm II. und die «Staatsaufgaben» der Kunst
- 2. Der Kaiser und die Baukunst
- 3. Der «Allerhöchste Lieblingswunsch»: der Bau des Berliner Doms
- 4. «Majestät, das geht nicht.» Paul Wallot und der Reichstagsbau
- 5. Der Kaiser und die Malerei
- 6. Die Siegesallee und die «Rinnsteinkunst»
- 1026–1071 Kapitel 30 Herausforderung: Von der Kontinental- zur Weltpolitik 1026–1071
- 1. Wilhelm und die Weltpolitik
- 2. Die wilhelminische Kontinentalpolitik
- 3. Zukunftspolitik
- 4. Armeniengreuel und Kretakrise
- 5. Wilhelms Orientreise und der Plan eines deutschen Judenstaates in Palästina
- 6. Die Annexion von Kiautschou
- 7. Prinz Heinrich von Preußen im Stillen Ozean
- 1072–1107 Kapitel 31 Der Kaiser und England 1072–1107
- 1. Wilhelm und die «welterlösende Idee» eines Bündnisses mit England
- 2. Der kaiserliche Kriegshetzer
- 3. Die Coburger Sukzession
- 4. Der Kaiser, Lord Salisbury und Queen Victoria
- 1108–1151 Kapitel 32 Uferlose Flottenpläne: Der Weg zum Schlachtflottenbau 1108–1151
- 1. Die «uferlosen Flottenpläne» Wilhelms II.
- 2. Von der Kreuzerflotte zum Schlachtflottenbau
- 3. Tirpitz ante portas
- 4. Das erste Flottengesetz
- 5. Der «Riesenflottenplan». Zu den Zielen des Schlachtflottenbaus unter Wilhelm II.
- 6. Die Flottennovelle von 1900
- 1152–1181 Kapitel 33 «Jung Deutschland, Dein Kaiser!» oder Was fehlte Wilhelm II.? 1152–1181
- 1. Das neue Jahrhundert
- 2. Eulenburg und die Entzauberung des Kaisertums
- 3. Nervenschwäche, Geistesstörung, schlechtes Blut – Was fehlte Wilhelm II.?
- 1182–1437 Anhang 1182–1437
- Anmerkungen
- Literaturverzeichnis
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände
- Verzeichnis der Bildquellen
- Personenregister