Zusammenfassung
Als Bischof Otto von Freising 1158 im Alter von kaum 46 Jahren starb, hatte er – auch für einen Menschen im Mittelalter – seinen Lebensweg zeitig abgeschritten. Er war als fünfter Sohn des Markgrafen Leopold III. von Österreich und der Agnes, Tochter Kaiser Heinrichs IV., zur Welt gekommen. Als Enkel und Neffe von Kaisern, Halbbruder eines Königs, Bruder von Herzögen und eines Bischofs gehörte er zur Spitze der Gesellschaft – und ein Spitzenamt in dieser Gesellschaft sollte er nach dem Willen seiner Familie auch dereinst bekleiden. So schickte man ihn zum Studium nach Paris, damit er dort jene Techniken erwerben sollte, derer man bedurfte, wenn man die weltlichen und geistlichen Angelegenheiten der Zeit beherrschen wollte. Paris aber glich damals einem intellektuellen Laboratorium. Hier begannen die Schulen, das aus der heidnischen und christlichen Antike überlieferte Wissen systematisch zu organisieren, Curricula für Studien zu entwickeln und damit der gelehrten Arbeitsweise einer ganzen Epoche die Basis zu schaffen: dem scholastischen Denken, das im 13. und 14. Jahrhundert seine größte Wirkung entfalten sollte. Unter diesen mannigfaltigen Einflüssen entwickelte sich Otto zu einer Persönlichkeit von markanter Eigenständigkeit und suchte für sich den Weg des Geistes und des Gebets in einem französischen Zisterzienserkloster, bevor er als Bischof und Reichsfürst einer der großen philosophisch-theologischen Schriftsteller des Mittelalters wurde. Joachim Ehlers läßt in seinem faszinierenden Buch die Welt des Hochmittelalters wiedererstehen und macht uns vertraut mit den intellektuellen und politischen Konfliktlinien, die sich in der Persönlichkeit Ottos von Freising kreuzten.
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- 47–87 2. Kapitel: Paris 47–87
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